Kann man einen Robur mit normalem Führerschein fahren?

Immer wieder hören wir, wenn wir mit unserer Robur Feuerwehr auf einem Oldtimer-Treffen auftauchen, die Frage: “Kann man den mit dem normalen Führerschein fahren?” Wir bringen jetzt Licht ins Dunkel: Wie man einen Robur - oder auch jedes andere Fahrzeug - ablastet, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Auf die eingangs gestellte Frage kann die Antwort nur lauten: Ja, klar, denn zunächst einmal ist ja jeder Führerschein normal, auch die LKW Klassen C1 und so weiter natürlich. Gemeint ist hier aber selbstverständlich die Klasse B. Während sich jeder, der früher die alte Führerscheinklasse 3 absolviert hat, keine Gedanken machen muss, muss man als Klasse-B-Inhaber schon genauer hinsehen.

Die Ostfahrzeuge, die von den VEB Roburwerken gebaut wurden, haben von Haus aus recht hohe Leergewichte - oder besser ausgedrückt, Leermassen - was die ganze Sache nicht einfacher macht. Sieht man gerade bei den Feuerwehren in die Fahrzeugpapiere stellt man oft sehr hohe Leermassen fest, hier zum Beispiel 4550kg. Allein das wäre schon ein Ausschlusskriterium für die Klasse B.

Doch damals wurden die Leergewichte inklusive der kompletten schweren Feuerwehrausstattung gemessen, sodass das Fahrgestell doch eigentlich weniger wiegen müsste. Recherchiert man Leergewichte von zivilen Varianten, so stößt man unter anderem auf die Angabe 2725kg für einen Pritschenwagen. Also durfte unsere Feuerwehr auch auf die Waage. Öffentliche Waagen findet man sehr oft bei Entsorgungsbetrieben - hier sind wir auch fündig geworden. Die Feuerwehrausstattung war schon lange raus, aber wir hatten noch immer einen angefangenen Wohnmobilausbau auf der Ladefläche. Das erste Ergebnis war daher immer noch zu schwer, doch als wir alles entfernt hatten, sollte der Wert passen und wir haben uns erneut an der Waage eingefunden, doch dieses mal direkt gemeinsam mit dem Prüfingenieur. Denn die Voraussetzung für eine erfolgreiche Ableitung ist, dass sich der Wagen von einem Ingenieur einer anerkannten Prüfgesellschaft angesehen wird.

Der Wiegeschein beweist, mit 2910kg ist das Leergewicht ausreichend gering, um das Ostfahrzeug auf 3,5 Tonnen ablassen zu können. Anhand des Wiegescheins erstellte der Prüfingenieur sein Gutachten und mit dem ging es dann zum Straßenverkehrsamt, wo die Änderungen auch in den Papieren durchgeführt wurden. Bei einer Ablastung ist eigentlich wichtig, dass für das Fahrzeug eine sinnvolle Zuladung übrig bleibt. Bei der eingetragenen Leermasse im Fahrzeugschein ist bereits ein Fahrer zu 75kg und 90% des Tanks berücksichtigt. Für jeden weiteren Mitfahrer sollten also noch mindestens 75kg übrig bleiben und für eine Ladefläche auch noch ein bisschen was. Für eine LKW-Zulassung spricht man hier von 20%. Da es sich bei unserer Feuerwehr aber um ein historisches Fahrzeug handelt, welches nicht zum Transport irgendwelcher Güter benutzt wird, kann man ein geringeres Fahrzeuggewicht auch dann eintragen lassen, wenn nur noch eine kleine Zuladung möglich ist.

Alle Schritte nochmal im kurzen Überblick:

1. Leermasse prüfen: Stimmen die Angaben im Fahrzeugschein oder ist das Fahrzeug tatsächlich leichter? Stimmen die Angaben und ist für Personen und Zuladung noch genug Luft, dann kann es direkt zur Prüfung gehen und das Ganze ist nur eine Formsache. Ansonsten wird es komplizierter.

2. Prüforganisation kontaktieren: Sprecht am besten euer Anliegen mit einem Prüfingenieur schon vorher ab. Bedenkt dabei, dass nicht jeder Prüfer Ablastungen durchführen kann.

3. Wiegen: Fahrt mit dem Fahrzeug zu einer geeichten Waage und lasst euch dort mit einem Wiegeschein die tatsächliche Leermasse bestätigen. Gegebenenfalls macht ihr das als Vor-Ort-Termin mit dem Prüfer, wenn dieser auch dabei sein möchte. Eine geeignete Waage findet ihr zum Beispiel beim nächsten Recyclinghof oder Schrottplatz.

4. Gutachten erstellen lassen: Der Prüfer erstellt anhand der Aktenlage oder mit Hilfe des Wiegescheins eine kurze Bescheinigung.

5. Eintragen lassen: Mit dieser Bescheinigung und den Fahrzeugpapieren geht es dann zur Zulassungsstelle. Hier werden jetzt die neuen Daten in den Fahrzeugschein eingetragen.

Wichtig: Erst jetzt ist das Fahrzeug tatsächlich abgelastet und mit dem Führerschein der Klasse B fahrbar. Direkt nach der Prüfung ist das noch nicht der Fall.

Aber dann ist doch spätestens bei einem Anhänger Schluss, oder?

Nein, auch das geht tatsächlich. Während man eigentlich die Führerscheinklasse BE (oder den Zusatz 96 zur Klasse B) benötigt, um Gespanne zu fahren, die schwerer als 3,5 Tonnen sind, gibt es hier eine kleine Ausnahme. Sieht man in die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV), so heißt es in Paragraph 6 Absatz 1:

Klasse B: Kraftfahrzeuge – ausgenommen Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A1, A2 und A – mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 3 500 kg, die zur Beförderung von nicht mehr als acht Personen außer dem Fahrzeugführer ausgelegt und gebaut sind (auch mit Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von nicht mehr als 750 kg oder mit Anhänger über 750 kg zulässiger Gesamtmasse, sofern 3 500 kg zulässige Gesamtmasse der Kombination nicht überschritten wird).

Das bedeutet, dass man hinter jedem Zugfahrzeug, welches der Klasse B entspricht, immer noch einen Anhänger mit maximal 750kg zulässigem Gesamtgewicht ziehen darf, ohne eine höhere Klasse zu benötigen. Vorausgesetzt ist dabei allerdings, dass das Fahrzeug überhaupt eine zulässige Anhängelast in der Zulassungsbescheinigung eingetragen hat. Mit einem Robur wäre die Grenze ausgereizt, bei 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht. Ein Anhänger mit bis zu 750kg ist dennoch kein Problem und bildet dann mit seinen 4,25 Tonnen das schwerste Gespann, was mit einem Führerschein der Klasse B gezogen werden darf.


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